Wormersdorfer Fluren & Gassen
Manuskript: Otto Oedenkoven
Herrausgeber: Freitagsclub im TV Wormersdorf
Im Gegensatz zu den Flurnamen sind Straßennamen wesentlich jüngeren Datums. Wie heute auch. ergab sich die Notwendigkeit und Bedeutung von Straßennamen durch das Wachstum der Orte. In Wormersdorfl entstanden die Straßennamen erst im 19. Jahrhundert und bis in die jüngste Zelt hinein. Im Mittelalter sprach man von den wenigen Straßen als "Gassen". Aus dem Jahre 1545 sind Bezeichnungen wie "Goissen". "In der Gassen" oder "Heynrich In der Gasse" überliefert. Bezeichnungen wie "Im Gäßchen" bzw. "Wlllemsgässchen" oder "Bocksgasse" legen davon auch heute noch Zeugnis ab.
Flurnamen dagegen entstanden schon im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt.
Zur Zeit der Besiedlung durch die Germanen gehörte Wald rund Flur in der Umgebung eines einzelnen Gehöftes oder eurer Dorfgemeinschaft der sie gemeinsam bewirtschaftenden Sippengemeinschaft. Erst als sich die Sippen auflösten, erhielt jeder "Sippengenosse" einen Anteil, eine "Hufe" - was Jeder zu seinem "Behufe" nötig hatte. Nur Wald und Weidegrund verblieben als "Gemeine Mark" oder "Allrasende" (Allgemeinheit) für Besitz der Sippe, der "Allgemeinheit", der Gemeinde.
Bei der Verteilung wollte natürlich jeder möglichst gerecht und gleichmäßig bedacht werden. Jeder erhielt, an gutem oder weniger gutem Boden, an dem Dorf näher oder entfernter liegenden Äckern, gleiche Teile, so daß eine Hufe aus bis zu 200 Streifeni Ackerland bestehen konnte.
Wenn auch wegen der räumlichen Enge das Pflügen, Sähen und Ernten weitgehend nur gemeinschaftlich vonstatten gehen konnte, entstand mit der Entstehung des Privateigentums das Bedürfnis nach einer genaueren Bezeichnung der einzelnen Ackerstreifen, nach Flurnamen.
Bei der Benennung wurde an den verschiedensten Tatbeständen angeknüpft.
Zunächst findet man Flurnamen, die sich auf die Lage oder die Beschaffenheit der entsprechenden Flur beziehen: Ein sumpfiges Gebiet wurde "Im Bruch" genannt, oder wenn es im Wald lag. hieß es "Im Loh", befand es sich auf einer Anhöhe, "Kuckelsberg" usw.
Andere Bezeichnungen gehen zurück auf besondere Bäume oder Baumgruppen, wie "Am Eichelchen", "Lärchenwäldchen" oder "Weidengraben".
Namen wie "Christebösch" oder "Kapitelsbusch". "Glockenwiese", "Om Weihrauch", "Zehnthostert" oder "Brotweg" zeugen von Besitzverhältnissen. Verpflichtungen oder Sitten und Gebräuchen, die mit dem Grundstück verbunden waren.
Flurnamen wie "Bungart" (Obstbaumwiese), "Schafsweide", "Auf dem Rott" u.a. geben uns wichtige Aufschlüsse über die Bewirtschaftung und Urbarmachung des Bodens.
Die Flurbezeichnung "Auf dem Wingert" erinnert an den Weinbau, auch in Wormersdorf.
Aber auch geschichtliche Tatbestände und Ereignisse finden in Flurnamen ihren Ausdruck. Sie weisen z. B. auf alte Richtstätten "Am Galgen"," Am Gerechelchen" oder alte Handelswege "Bonner Straße" hin oder erinnern wie z.B. der "Judengraben", an die von den Nazis zwangsverpflichteten Juden, die diesen Graben ausheben mussten.
Hinter Orts-. Flur und Straßennamen verbergen sich also interessante und wichtige Hinweise auf Entstehung und Geschichte eines Ortes. Es lohnt sich, sie zu sammeln und ihre Bedeutung zu hinterfragen. Dies umso mehr als viele in Vergessenheit zu geraten drohen bzw. in der Öffentlichkeit schon vergessen sind.